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03.12.2021 CosmeticBusiness

Helft der Haut, sich selbst zu helfen

Das Trendthema „Mikrobiom“ stand im Mittelpunkt mehrerer Vorträge auf der CosmeticBusiness 2021

„Hautpflege muss in Zukunft das natürliche Mikrobiom stärken.“ So lautete das Fazit von Prof. Dr. Christine Lang, Vorstandsmitglied von Kosmetikhersteller Belano medical, auf der diesjährigen CosmeticBusiness in München. Gleich drei Vorträge widmete die Messe dem aktuellen Trendthema in der Kosmetik. Neben Dr. Lang beleuchtete auch Dr. Kristin Neumann, Gründerin von MyMicrobiome, welches Potenzial tatsächlich das Mikrobiom als Pflegefokus mit sich bringt und was Hersteller beachten sollten, damit ihre Produkte nicht nur einer Mode mit womöglich leeren Versprechungen folgen.

Millionen Mikroben bilden ein Schutzschild

Warum es lohnenswert ist, das Mikrobiom in den Mittelpunkt der Wirkformel von Hautpflegemitteln zu stellen, machten die Referentinnen – beides Mikrobiologinnen – anhand seiner Bedeutung für eine gesunde Haut deutlich. Das Mikrobiom ist die Gesamtheit aller Bakterien, Pilze und Viren, die auf der Haut leben. Auf unseren rund 20 Quadratmetern Haut sind das eine Million Mikroben je Quadratzentimeter. Ist diese Gemeinschaft natürlicherweise ausgewogen, fungiert das Mikrobiom als Schutzschild für unsere Haut. Zu ihm gehören beispielsweise Milchsäurebakterien, deren Stoffwechselprodukte für einen ausbalancierten pH-Wert sorgen. Stoffwechselprodukte sind es auch, die Entzündungsbakterien abtöten. Das Mikrobiom wirkt darüber hinaus am Lipid- und Hyaluron-Haushalt mit, sorgt für eine intakte Hautbarriere und unterstützt die Haut bei der Erneuerung nach Mikroverletzungen.

Eigentlich ist damit die Haut von Natur aus bestens gepflegt. Jedoch gibt es viele Einflussfaktoren, die den Bakterienhaushalt aus dem Gleichgewicht bringen können. Dazu gehören neben der individuellen genetischen Veranlagung auch Ernährung, Stress, Umwelteinflüsse, Hygiene. Allein das pandemiebedingte häufige Händewaschen und -desinfizieren beansprucht den Bakterienhaushalt der Haut stark, wie Dr. Lang betont. Seife entfernt zum Beispiel auch nützliche Bakterien, Lipide sowie Talg, der eine Nährbasis für Mikroben darstellt, ergänzt Dr. Neumann. Aber auch für Kosmetika beschreiben die Mikrobiologinnen mögliche negative Auswirkungen auf das Mikrobiom. Enthalten sie antibakteriell wirkende Stoffe wie zum Beispiel Waschsubstanzen, Alkohole oder Duftstoffe, können diese das Schutzschild der Haut schädigen.

Wie Kosmetik das Mikrobiom stärken kann

Es scheint also sinnvoll, dass kosmetische oder medizinische Pflegeprodukte stattdessen das Mikrobiom gezielt erhalten oder sogar stärken. Wie sie das leisten können, erläutert Dr. Lang. Ihr Unternehmen Belano medical befasst sich in seiner Forschung und Entwicklung mit der natürlichen Schutzfunktion der Haut. Aus 400 untersuchten Bakterienstämmen wurde dabei das Lactobacillus brevis als geeignet ausgedeutet, die Epidermis zu stärken. Aus ihm entwickelte der Hersteller den Wirkstoff stimulans, der Stoffwechsel und Wachstum der schützenden Bakterien Staphylococcus epidermidis anregt und damit Entzündungskeime zurückdrängt. Es wird also nicht das schädigende Bakterium direkt bekämpft, sondern der gesunde, natürliche Zyklus angestoßen, sagt Dr. Lang. Klinische Studien haben die Wirksamkeit bei Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Schuppenflechte, Akne und Rosazea belegt.

Das Anwendungsgebiet mikrobiotischer Wirkstoffe reicht aber weiter als allein zur Behandlung von erkrankter Haut, wie Dr. Lang betont. Ein gestärktes Mikrobiom erhält demnach auch die gesunde Haut, beispielsweise bei Stress, verlangsamt Alterungsprozesse und unterstützt letztlich das Immunsystem, dessen Bestandteil es ist.

Mikrobiotischer Nutzen lässt sich zertifizieren

Es überrascht nicht, dass insbesondere im Zuge des Aufkommens natürlicher oder cleaner Kosmetik das Produktversprechen, das Hautmikrobiom zu schützen, derzeit einen regelrechten Hype erlebt. Um hier irreführenden oder gar falschen Werbeaussagen entgegenzuwirken, bietet das Unternehmen MyMicobiome die nach eigener Aussage weltweit erste und bislang einzige Zertifizierung mikrobiotischer Produkte an. Die Informationsplattform entwickelte dafür einen Test, der den Einfluss eines Produkts auf das Mikrobiom nachweist. Er untersucht verschiedene Körperstellen, verschiedene „Keimmischungen“ und lässt sich auf verschiedene Kriterien hin auswerten. Mehr als 100 Produkte haben das Zertifikat bereits erhalten, so Dr. Neumann. 80 Prozent der Kunden stammen aus den USA, wo das Thema „Mikrobiom“ vor allem in der Indie- und Clean-Kosmetik schon weiter verankert ist. Die Zahl der europäischen Kunden steigt.

Die Referentinnen vermittelten mit ihren Vorträgen, dass das Mikrobiom der Haut mehr sein sollte als ein bloßer Produkttrend. Vielmehr sollte es um eine neue Philosophie für Kosmetikformulierungen gehen, die das mikrobiologische Gleichgewicht der Haut respektiert, erhält und stärkt. Dann könnten sie Gesundheit und Schönheit bis ins hohe Alter bewahren.

Die Vorträge sind online in der Mediathek der CosmeticBusiness abrufbar (eine Registrierung ist dafür notwendig).

Quelle: Prof. Dr. Christine Lang, Belano medical, Dr. Kristin Neumann, MyMicrobiome, Foto: Adobe Stock / fizkes

Quelle: Prof. Dr. Christine Lang, Belano medical, Dr. Kristin Neumann, MyMicrobiome

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